Historische Kampfkünste - HEMA - meine 3. Dimension

  • Blankwaffen faszinieren mich bereits eine lange Zeit und seit über einer Dekade beschäftigt mich - ich würde sagen leidenschaftlich trifft es ganz gut - dieses Thema nahezu täglich. :saint:

    In den drei Dimensionen, die man nach meinem Empfinden in diesem Bereich übergeordnet zelebrieren kann, bin ich in zweien auf für mich befriedigendem Niveau aufgestellt. Mein theoretisches Wissen über die Entwicklungen, die Einsatzschwerpunkte, Datierungen (etc.) von Blankwaffen ist – als meine 1. Dimension - durchaus als solide zu bezeichnen. Wie die Stücke der verschiedenen Blankwaffenkategorien auszusehen haben, was ihre spezifischen Merkmale sind und wie sie sich «anfühlen» sollten, kann ich mittlerweile nicht nur durch Museumsbesuche, das Studium von Büchern und der Recherche im Netz zu diesem Thema gut nachvollziehen, sondern darf – quasi als Krönung der 2. Dimension – auch eine gut sortierte Blankwaffensammlung mit derzeit über 150 Klingen mein Eigen nennen.


    In der 3. Dimension allerdings – nämlich der praktischen Anwendung – fehlte es bisher an nahezu allem… 😬

    Lange habe ich den Schritt in diese Dimension nicht gewagt, den – wie einige von euch Wissen – hatte ich etliche Jahre immer wieder heftige Schwierigkeiten mit meinen beiden Schultern (Kalk, kaputte Sehne, etc.), die bereits meinen normalen Alltag teils ziemlich heftig einschränkten. Diese sind nun durch etliche Arztbesuche, einem operativen Eingriff und gefühlt ewiger physiotherapeutische Behandlung, sowie gezielter Übungen nun seit einiger Zeit in den Griff gebracht worden. Der Weg in die dritte Dimension schien nun also realistisch und greifbarer Nähe zu sein…

    So wagte ich Anfang des Jahres den Schritt und trainiere nun seit dem 08. Februar bei Artes Certaminis – aktuell in Gais im Kanton Appenzell Ausserroden - mit dem langen Schwert die Tradition Liechtenauers.

    Dieser Schritt hat einiges verändert und er fordert mich kognitiv und körperlich ordentlich heraus. Das ist so etwas wunderbares! Was ich bereits in den letzten Monaten nicht nur fechterisch, sondern vor allem auch über mich selbst lernen durfte, kam einer kleinen Offenbarung gleich! 😍🙏 Meine grösste Sorge galt der Durchhaltefähigkeit meiner Schultern. Doch was soll ich sagen, sie halten bisher – auch durch gezieltes Krafttraining – sehr gut stand! Drückt mir die Daumen, dass es so bleibt.

    Nun versuche ich 2-3 mal pro Woche aktiv etwas «mit Schwertern» zu machen. Einmal professionell angeleitet durch die beiden Trainer - sowie allen anderen Fechterinnen und Fechtern - die regelmässig auf mich "Noop" Rücksicht nehmen und mir ihre Skills weitergeben. Im Schnitt versuche ich - neben dem angeleiteten Training - in ein bis zwei weiteren Einheiten pro Woche für mich allein in der Turnhalle meines Arbeitgebers oder im freien (wie auf dem Foto) das gelernte zu vertiefen. In den Tagen dazwischen gibt es Krafttraining oder einfach Ruhe, in der ich mich dann gerne auch wieder vertieft mit der 1. und 2. Dimension beschäftige. 😍

    Der Verein, der momentan der einzige aktive in der ganzen Ostschweiz ist, besteht eigentlich nur aus erfahrenen Fechtern… und mir als Noop. 8o Die Frauen und Männer sind grösstenteils junge Leute, die in den meisten Fällen das 30. Lebensjahr noch nicht überschritten haben. Das Ziel für mich war bzw. ist es, möglichst zügig einigermassen «mitschwimmen» zu können. Dies stellte nicht nur mich, sondern gefühlt irgendwie alle vor Herausforderrungen, die mittlerweile allerdings lösbar erscheinen. Dafür bin ich vor allem den Mitgliedern und Trainern sehr dankbar! 🙏

    So langsam sitzen die Grundlagen und meine Fitness wird stätig besser. Viele der Übungen laufen im Verein auf einer Stufe, für die Schutzausrüstung (mind. Maske, Handschuhe und oft Jacke) benötigt wird. Ein Punkt, der mir relativ zügig weitere Grenzen aufzeigte, den die Leihausrüstung (je nachdem, was mit Glück am jeweiligen Training noch verfügbar war) behinderte mich oft mehr als das sie nützte. Zahllose saftige blaue Flecken und einen dicken Daumen durfte ich schon mit Nachhause nehmen. Ihr werdet es vermutlich selbst auch kennen. Sowas bleibt halt nicht aus… 😅

    Mein Vorsatz, mir zeitnah eigene Schutzausrüstung zu beschaffen, wurde vehement durch die aktuelle Marktlage eingebremst. Denn bis auf «nicht lieferbar» oder «voraussichtliche Lieferzeit mind. 6 Monate» war da erstmal nicht sonderlich viel zu machen. Mittlerweile habe ich allerdings - bis auf ein Paar gute Handschuhe die noch fehlen – alles so weit zusammengesammelt.


    War ich zu Beginn bereits nach dem ausgiebigen Aufwärmen energetisch dem Tode näher als dem Leben, halte ich jetzt schon deutlich besser durch. Mittlerweile liegt hin und wieder sogar noch das freie Sparring am Ende des Trainings drin. Wobei ihr euch das aktuell noch eher wie mit einem in ein Piranhabecken hineingeworfen Goldfisch vorstellen müsst. 😂 Das Atmen nicht zu vergessen, die Struktur zu halten und den unbedingten Willen zu haben, sein Gegenüber möglichst «tödlich zu treffen», gehen bei mir noch allzu häufig im Rausch der Geschehnisse unter… Aber es kommt langsam, es wird!

    Das ich nicht zum Ziel habe ein «Turnierkämpfer» zu werden, sorgt im Verein zwar immer wieder mal für die ein oder andere hochgezogene Augenbraue, jedoch wissen die Vereinsmitglieder von meinem eigentlichen Hobby und der «1. und 2. Dimension» so gut wie noch nichts. Dies empfinde ich derzeit persönlich als etwas ziemlich Erfrischendes. Hab schon einige Male leise in mich hinein geschmunzelt, als es um Themen wie «Mittelalter, Waffen & Co» ging, aber lasse den Fokus im Moment ganz auf den fechterischen Themen und sauge alles auf was diesbezüglich möglich ist. Die Fechtkunst erst einmal im Ansatz verstehen zu lernen und sie für mich einigermassen anwenden zu können, ist das vorläufige Ziel. Quasi eine praktische Idee davon zu haben, wie man das damals - so ungefähr - gemacht haben könnte… Das ganze gern irgendwann noch mit weiteren Waffen… und auf lange Sicht gerne auch noch mal mit Harnisch. Das wäre es! 😀

    Aber bis dahin wird es noch ein weiter Weg, den ich Stück für Stück demütig gehe und mich von Woche zu Woche tierisch an den kleinen Fortschritten erfreue.🙂 Frei nach Aristoteles «Der Anfang ist die Hälfte des Ganzen» war der Schritt es dreidimensional zu machen jedenfalls einer der besten Entscheidungen, die ich seit langem getroffen habe! :love: :thumbup:

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    (Bildquelle: mein Sohn)

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