die Wahl des richtigen Spinnwirtels

  • Das Spinnrad mit Fußantrieb kam recht spät auf, das Wollrad mit Handantrieb produziert kein hochwertiges Kettgarn. Die Produktion von Garnen lag sehr, sehr lange bei den Handspindeln. Überlegt man wie zeitlich aufwendig die Produktion von Fäden ist und wie hoch der Bedarf war, kann man sich vorstellen das ständig gesponnen werden musste.

    Schaut man ins archäologische Fundgut stellt man fest das es fast so viele Modelle gibt, wie heute Automodelle auf den Straßen fahren.

    Oft sind die Wirtel aus Ton, es gibt welche aus Stein, Knochen, Glas, Metall. Schwere und ganz kleine.

    Die Spindeln sind meist aus Holz aber es gibt auch Luxusmodelle aus Elfenbein.

    Sie müssen unterschiedlich sein, da es zu unterschiedlichen Textil-Projekten unterschiedliche Fäden benötigt. Es kommt dabei nicht nur auf die Dicke der Fäden an, sondern auch auf die Intensität der Drehung des Fadens. (warum ist ein eigenes Thema wert)

    Das Gewicht spielt nicht nur bei der Stärke des zukünftigen Garns eine Rolle, sondern es kommt auch auf die Faser an. Eine krause Faser lässt sich anfangs einfacher spinnen als eine glatte leicht rutschige Faser. Die Krause verträgt mehr Gewicht, als die Glatte.

    Oft ist es Geschmackssache wenn man die Spindel andreht, ob man sie mag oder nicht. Spinnen kann man mit vielen Dingen, möglich wäre es sogar mit einem Kochlöffel, oder einer CD auf einem Pinsel.

    Erzählt doch mal über Eure Spindeln und was Ihr wofür benutzt.

  • Welche Auswirkungen hat ein Spinnwirtel überhaupt auf das mit ihm gesponnene Garn?

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    Ein Außenstehender sieht erst einmal nur die bunte Vielfalt der Spinnwirtel und erfreut sich daran. Dabei hat jeder einzelne Wirtel individuelle Eigenschaften, die sich unmittelbar auf das Garn auswirken.

    Grundsätzlich sind es drei Parameter eines Spinnwirtels, die entscheidenden Einfluss auf die Eigenschaften des damit erzeugten Garns haben.

    Das ist zum einen der Durchmesser des Spinnwirtels, zum anderen sein Gewicht, und zusätzlich auch dessen Form.

    Der Durchmesser eines Spinnwirtels bestimmt dessen Drehgeschwindigkeit. Ein Wirtel mit großem Durchmesser dreht langsam, ein Wirtel mit kleinem Durchmesser kann deutlich schneller drehen.

    Das Prinzip kennt man vom Eiskunstlauf - eine Pirouette mit ausgebreiteten Armen ist relativ langsam, wird aber erheblich schneller, sobald der Läufer die Arme dabei eng an den Körper legt.

    Das Gewicht eines Wirtels bestimmt den Zug auf den Faden, die Kraft der Drehung, und die Dauer der Rotation.

    Beim Spinnen stellt sich hier die Frage, mit welchem Gewicht man eine Faser belasten kann (beeinflusst durch das Material), und mit welchem Gewicht man sie belasten möchte (beabsichtigte spätere Verwendung).

    Gleiches gilt für die Kraft der Drehung.

    Die Dauer der Drehung wirkt sich auf ein möglichst gleichmäßiges Ergebnis aus - eine lang andauernde Rotation mit konstanter Kraft und Geschwindigkeit lässt einen einheitlicheren Faden zu, als viele kurze (und unterschiedliche) Drehungen in Folge.

    Die Form des Spinnwirtels dient - neben künstlerischen und ästhetischen Gesichtspunkten - eben auch seiner Masseverteilung.

    Nehmen wir als Beispiel einen sehr langen, röhrenförmiger Spinnwirtel, und dann einen sehr flachen, scheibenförmigen.

    Beide sollen die gleiche Masse besitzen, und haben grundsätzlich beide eine zylindrische Form.

    Dennoch haben sie vollkommen unterschiedliche Eigenschaften.

    Der erste dreht sehr schnell, der zweite sehr langsam. Der erste dreht nur kurz, der zweite deutlich länger. Der erste hat wenig Kraft, der zweite mehr.

    Nun, wie bringen wir diese ganze Theorie jetzt zu einer praktischen Anwendung?

    Zwei einfache Beispiele dazu.

    Beispiel 1 - ganz locker gesponnenes Garn aus vielen Fasern, weiches Unterhaar, Verwendung als Schussfaden in einem warmen, weichen Gewebe, oder zum (modernen) Stricken.

    Hierzu würde man einen Wirtel mit einem großen Durchmesser und mittlerem Gewicht verwenden, beispielsweise einen Scheibenförmigen aus Holz.

    Der dreht sich gemächlich, streckt die Fasern nicht zu sehr, belastet das Garn nicht übermäßig, und hat dabei genug Drehmoment für viele Fasern.

    Beispiel 2 - feines Leinengarn zum Nähen.

    Flachs ist echt biestig. Harte und widerspenstige Fasern, vergleichsweise kurz, muss beim Spinnen auch noch immer leicht feucht gehalten werden. Nicht unbedingt soooo lustig.

    Dafür braucht es einen schweren Spinnwirtel, der schnell und hart dreht und die Fasern unter Kontrolle hält. Hier eignet sich zum Beispiel ein konischer Wirtel aus Blei (oder heutzutage aus Zinn) sehr gut.

    All' dies haben erfahrene SpinnerInnen natürlich im Blut. Sie wissen instinktiv, welcher Wirtel für das aktuelle Projekt der richtige ist.

    Wie wichtig die Wahl eines passenden Spinnwirtels ist, habe ich bei meinen ersten Spinnversuchen mit Leinengarn erfahren müssen. Deswegen auch oben Beispiel 1 und Beispiel 2, die ich nicht ohne Grund ausgewählt habe...

    Da hatte ich zuerst den gleichen hübschen Spinnwirtel aus schwarzem Horn verwendet (leicht, scheibenförmig, mittlerer Durchmesser), wie vorher beim Spinnen von feinem weichen Island-Unterhaar.

    Das hatte auch wunderbar funktioniert.

    Mit dem blöden Flachs hingegen so überhaupt nicht. Hab nur geflucht, und den Mist letztlich in die Ecke gepfeffert. Später dann noch einmal mit einem kleinen, schweren Zinnwirtel noch einmal versucht. Der hat schnell, lang und hart gedreht. Und siehe da - auf einmal war der Flachs ganz brav, hat sich fein spinnen lassen, und ein recht ordentliches Garn ergeben 🙂

    In diesem Sinne - Augen auf beim Wirtel-Kauf 🤪

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