Konstruktion Nierentasche

  • Ein weiteres Projekt, eine weitere Frage... (Achtung WoT)

    Während meine Frau an meinem neuen Klappenrock näht, arbeite ich ab meiner neuen Gürtelgarnitur.

    Der Gürtel selbst wird nach dem Männergrab 34 aus Bruckmühl (Das archäologische Jahr in Bayern 2004 p. 181) aus dünnem Ziegenleder gearbeitet in das Lederriemen eingenäht werden. Bei Arnegunde ist die Gürtelkonstruktion ebenso dargestellt.

    Bei der Garnitur werde ich mich nach Aubing Grab 812 richten. Die Gürtelbeschläge sind aus Bronze, während die Schnalle aus Silber tauschiertem Eisen gefertigt ist. Bei dem Grab gibt es schon den hinteren Mittelbeschlag und die Gürteltasche würde auch schon am Rücken getragen. Zu diesem Zeitpunkt waren die breiten Schließen, die auch als Feuerschläger fungierten und dafür mit eigenem Riemen um die Tasche getragen wurden, bereits verschwunden.

    Die Tasche besitzt einen Rahmen um den Taschendeckel aus Bronzeblech und zwei Ziernieten. Das folgende Bild stammt aus "Das baiuwarische Reihengräberfeld von Aubing, Stadt München" Hermann Dannheimer 1998, Tafel 117 und zeigt die Überreste der Tasche und ihren Inhalt in Fundlage.

    PXL_20230814_183927624~3.jpg

    Und damit komme ich (endlich) zu meinen beiden Fragen:

    1.) Der Bronze Rahmen ist umlaufend, daher stellt sich mir die Frage, wie der Deckel befestigt wurde. Soweit ich weiß wurden auch hier gern Lederbänder eingebracht um Verzierungen im Deckel zu bilden. Das würde auch gut zu den Nieten passen. Führe ich einfach das hintere Leder oben an dem Blech vorbei um die Klappe zu bilden? (Keine Ahnung ob das verständlich war) hat jemand Erfahrung mit solchen Taschenkonstruktionen?

    2.) Noch schwieriger finde ich, wie der Verschluss funktionieren soll. Ich hätte die Schnalle anders herum erwartet. So kann ich mir nicht vorstellen, wie der Riemen geführt werden sollte. Insbesondere da die Tasche am Rücken getragen wurde und sich daher auch dort sicher und einfach öffnen und schließen lassen muss. Die Form des Verschlusses macht mir ebenfalls Gedanken, da er mit der Anordnung der Nieten nicht danach aussieht als wäre er einfach an einem Riemen befestigt gewesen. Die Gesamtanordnung sieht auch sinnvoll aus, so dass ich es für unwahrscheinlich halte dass nur die Schnalle verrutscht ist. Hat hier jemand Erfahrung, eine Eingebung oder sonst einen guten Vorschlag, wie der Verschluss sinnvoll funktionieren könnte?

  • Es gibt ein paar Taschen, die etwas besser erhalten sind.

    Den Verschlussmechanismus mit der nach oben zeigenden Schnalle lässt sich ganz gut über die Umhängetasche von Krefeld-Gellep Grab 2268 erklären. Diese Tasche zeigt auch, dass es zwischen der Form des Taschendeckels (hier Rechteck) und der Form der eigentlichen Tasche (hier halbrunder Beutel) keinen Zusammenhang geben muss.

    Hilfreich ist sicherlich auch ein Blick auf die kleine nierenförmige Tasche von Köln-Müngersdorf, dazu gibt es hier einen eigenen Thread. Interessant ist hier vor allem das Loch im Taschendeckel als wahrscheinlicher Riemendurchzug.

    Wegen der Deckelbefestigung ist vielleicht die Tasche von Sutton Hoo noch interessant. Hier befinden sich drei Scharniere am Deckel, die am Rahmen vorbeiführen. Auf der Homepage vom British Museum gibt es ein Bild von der Rückseite, auf dem erkennbar ist, dass die Scharniere einfach über dem Rahmen liegen. Statt der vernieteten Scharniere aus Gold kann der bescheidene Bajuwaren einfach Lederbänder festnähen.

    Die beiden runden Ziernieten der Tasche aus Aubing würde ich durchaus als Parallele zu den kleinen runden Zierbeschlägen von Sutton Hoo sehen.

    purse | British Museum
    Gold, garnet and millefiori purse-lid. a. Gold frame of purse-lid: sub-rectangular in form, with a straight top and curved ends. Along the straight edge there…
    www.britishmuseum.org

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