Beiträge von Adgandestrius

    wie kommt man auf die Idee, dass das eine Axt mit einem Blatt belegt?

    Die Axt mit einem Blatt ist archäologisch sehr gut belegt. Dass bei den Franken Äxte eine besondere Bedeutung hatten, ist sicherlich der wahre Kern hinter den Teils abenteuerlichen Storys, der Gelehrte auf griechisch oder latein überliefert haben. Wahrscheinlich wollten die spätantiken Gelehrten die Äxte der Franken auch unbedingt durch die antike Brille sehen und lehnten ihre Beschreibung an die Labyris aus der griechischen Mythologie an.


    Prokop von Caesarea war ein einflussreicher byzantinischer Gelehrte, der niemals in Mitteleuropa war und die Franken und ihre Äxte wahrscheinlich nie selbst gesehen hat.

    Sidonius Apollinaris ist älteste Schriftquelle für die fränkische Axt. Dieser Autor verbrachte sein Leben tatsächlich in Gallien, er war aber ein Lyriker und vielleicht hat es auch metrische Gründe, dass er die Axt als zweischneidig beschreibt. Sidonius Apollinaris war christlicher Romane und versuchte sich maximal von den heidnischen Barbaren abzugrenzen, entsprechend klischeehaft ist die Beschreibung: "Wallend und blond ist das Haar der Franken, blau ihr Auge; ihre großen und starken Glieder umschließt ein enganliegendes Kleid; sichtbar (nackt) ist das Knie, um den Leib tragen sie einen Gurt; mit ihren Streitäxten (bipennes = zweitschneidige Axt) hauen sie weit; den Schild zu handhaben ist ihnen Spiel, dem Wurfspeer (ango) kommt selbst ihr Angriff zuvor; schon in der Kindheit ist Krieg ihre Freude; übermannt kennen sie keine Furcht, ihr Mut dauert über das Leben hinaus."


    Das Klischee der Axt ist durchaus kompliziert und widersprüchlich:

    Schon die Griechen kannten die Axt als Barbarenwaffe der Amazonen und Sykthen. Es handelt sich hierbei um zweischneidige, symmetrische Äxte. Es handelt sich um eine Waffen von beritteten Krieger. (Tatsächlich gibt es bei den Bulgaren auch noch im Frühmittelalter zweischneidige Äxte.)

    Bei den Römern war die Axt Symbol der Herrschaft und Gerichtsbarkeit (Symbol der Todesstrafe!).

    Der Doppelcharakter der Axt als Waffe oder Werkzeug war durchaus bekannt, allerdings nicht als improvisiere Waffe des kleinen Mannes. Laut Gregor von Tours glaubten fränkische Bischöfe durch das Tragen einer Axt das bestehende Waffenverbot umgehen zu können.

    In der Spätantike stellten sich Gelehrten die "Stämme" auch als militärische Spezialeinheiten vor. Die Franken stellte man sich als spezialisierte Fußtruppen mit besonderen Wurfgeschossen (Franziska und Ango) vor.

    Der Begriff Franziska ist den spätantiken Schriftquellen entlehnt. Auch der konkrete Axtwurf wird beschrieben. Neben Prokop und Sidonius Apollinaris beschreibt auf Isidor von Sevilla die fränkische Axt. Es handelt sich daher um einen sehr bekannten Topos unter den Gelehrten dieser Zeit.

    Prokop beschreibt sie als Wurfaxt und ausdrücklich als zweischneidig(!). Von Prokop stammt die mit Abstand detaillierteste Beschreibung der Franziska, die auch in der englischen Wikipedia als Vollzitat nachlesbar ist.

    Gregor von Tours beschreibt aber nicht den Wurf auf dem Schlachtfeld, sondern die Verwendung der Axt für eine spontane Mordattacke Chlodwig an einem Gefolgsmann. Teilweise wird die fränkische Axt von Gregor auch zweischneidige Axt (bipennis) bezeichnet.

    Laut Isidor von Sevilla von Sevilla war die Franziska jedoch sowas ähnlich wie ein römischen Rutenbündel (fasces), besser Axt mit Rutenbündel als Symbol der Gerichtsbarkeit und Herrschaft. Auch römisches "fasces" sind teilweise als Doppelaxt gedacht worden.

    Das 6. Jahrhundert ist eine von der wenigen Epochen, in der Äxte häufiger als Grabbeigaben bei Franken und benachbarten Stämmen vorkommen. Dies stimmt soweit mit der schriftlichen Überlieferung überein.

    Aus dem Fundgut des 6. Jahrhunderts sind neben dem, was in der Archäologie heute typischerweise als Franziska verstanden wird, durchaus noch andere Axttypen im 6. Jahrhundert bekannt, etwa Bartäxte oder vereinzelt auch Reiteräxte, die zusätzlich zur Schneide noch eine Kriegshammerseite haben. Die zweischneidige, die Prokop detailreich beschreibt, wurde jedoch genau so nie in einem fränkischen Grab gefunden.

    Im Mittelalter wurden in Westeuropa in erster Linie lateinische Bibeln verwendet, sogenannte Vulgata-Übersetzung. Von dieser lateinischen Bibel wurde teilweise schon im frühen Mittelalter Auszüge in die Volkssprachen übersetzt.

    Martin Luther übersetzt das Neue Testament direkt aus dem Griechischen und das alte Testament aus dem Hebräischen, teilweise auch aus dem Aramäischen.

    Ich habe im Stuttgarter Psalter eine Abbildung eines unanständig kurzen Mantels gefunden. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, dass das dieser "kleine Fetzen" ist, von dem Notker berichtet, er sei so kurz, dass der Kaiser beim Pinkeln friert.

    Das Bild im Stuttgarter Psalter zeigt einen halbnackten Mann mit weißem Pferd und Flügellanze.

    Am Kopf trägt er ein Stirnbinde (Vitta), ein typisches Merkmal hochgestellter Person.

    Der Mantel ist von rotbrauner oder purpurner Farbe mit heller Randborte und gut erkennbarer Scheibenfibel.

    Unter dem Mantel trägt er nichts. Die Hand mit der Lanze verdeckt den Schambereich. :D

    In Wirklichkeit ist das natürlich wieder nur eine Bibelillustration und zwar zu Psalm 49:

    • Doch der Mensch bleibt nicht in seiner Pracht; er gleicht dem Vieh, das verstummt. Psalm 49.13

    Die Abbildung im Psalter passt zu diesem Vers. Ein teilweise noch prachtvoll bekleideter Mann hat sich seinem Schimmel angeglichen.

    Zweideutigkeiten als Ansatzpunkte für Flachwitze gibt es jedenfalls genug.

    Aus Schleswig-Holstein und Skandinavien gibt es besonders viele und reiche archäologische Funde aus diese Epoche und eben auch vergleichsweise viele Runeninschriften., obwohl diese Region ja eigentlich eine Peripherie darstellte.

    Es gilt als gesichert, dass die Runen erst im Austausch mit den Römern als Nachahmung lateinischer Buchstaben entstand.

    Tatsächlich gibt es etwas ältere Funde von lateinischen Inschriften aus dem Ostseeraum, etwa die römischen Silberbecher aus Hoby, Lolland.

    Wegen Leinenkleidung:

    Der Gelehrte Paulus Diaconus (8. Jahrhunder) beschreibt in der Langobardengeschichte beiläufig, die Kleidung der Angelsachsen, weil die so ähnlich wäre, wie die der Langobarden:

    Zitat von Paulus Diaconus

    "Ihre Kleidung war weit und meist aus Leinen, wie sie die Angelsachsen tragen, zum Schmuck mit breiten Streifen von anderen Farbe verbrämt."

    Demnach war weite Leinenkleidung bei den Angelsachsen üblich.

    Ein sehr typisches angelsächsisches Trachtelement sind bronzene Hakenverschlüsse und Hafteln wie "wrist clasps" oder auch Wadelwickelhaken. Die Hakenverschlüsse tauchen in Gräbern nicht nur an den Handgelenken und Waden auf. Der genaue Verwendungszweck ist auch nicht unumstritten. Klar ist nur, dass diese Mode in den fränkischen Gebiet absolut unüblich war.

    Polizei und Ordungsbehörden sind angehalten bei der Anwendung des WaffG die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Waffengesetz (WaffVwV) zu beachten.

    Sinn dieser Verwaltungsvorschrift ist es auch, das Waffengesetz für Nichtjuristen in den Behörden verständlich zu machen.

    Ob Nachbildungen von Hieb-und Stichwaffen für Sport, Brauchtum oder nur als Dekoration verwendet werden, spielt eigentlich keine Rolle mehr. Es handelt sich bei diesen Gegenstanden schlicht und ergreifend nicht um Waffen im Sinne des Gesetzes. Entscheidend ist, dass sie stumpf sind.

    Der Sachverhalt Schwert mit stumpfer Schneide und stumpfe Spitze wird im WaffVwV erklärt. Das ist keine Waffe im Sinne WaffG.

    Gibt es bei solchen Schnüren denn überhaupt Funde, bei denen sich die Herstellung und Technik zweifelsfrei nachweisen lässt?

    Auf dem Knochen aus dem schwedischen Lund steht in Runen das Wort "tindlebein", was auch irgendwas mit Zwirn und Bein bedeuten soll. Zumindest ein Zusammenhang mit irgendeiner Form Textilverarbeitung wäre demnach sehr wahrscheinlich.

    Das Thema ist ziemlich schwierig. Im Ergebnis sehen sich die Schnüre trotz unterschiedlicher Techniken zum Verwechseln ähnlich. Ein ungeübtes Auge kann die fertigen Schnüre nicht auseinanderhalten.

    Es fehlt häufig auch irgendwie an der Konkretheit der Sprache, um die einzelnen Techniken sicher zu unterscheiden. Schon das Wort Strickgabel sorgt für reichlich Verwirrung.

    Schnüre bzw. Ketten aus Gold- und Silberdraht (Fuchsschwanzkette) sind zumindest etwas häufiger und besser erhalten geblieben als Textilschnüre.

    Ob diese kleinen Dinger aus Knochen wirklich zur Schnurherstellung dienten, bleibt dahingestellt. Das könnten auch Spielfiguren, Knöpfe, Perlen etc. sein.

    Es gibt im Stuttgarter Psalter (9. Jahrhundert) eine ziemlich verstörende Abbildung von Trinkhörnern. Sie ist der Alptraum für alle angeblich seriösen Darsteller.

    Abgebildet ist wie immer eine biblische Szene. Moses schlägt während der 40-jährigen Wanderung durch die Wüste mit einem Stab gegen einen Felsen und so entspringt auf wundersame Weise eine Quelle, von der die Israeliten trinken.

    Abgebildet sind in dem karolingischen Psalter einige dieser Wanderer, die ihre riesigen Trinkhörner mit frischem Quellwasser füllen.

    Trinkhörner werden in der Bibel nicht erwähnt, sondern sind eine Zutat der frühmittelalterlichen Illustratoren.

    Ich kann regionale Darstellungen wirklich nur empfehlen. Es gibt so viele Vorteile.

    1. Die Literatur liegt in der Regel in deutscher Sprache vor. (Das gilt zumindest für mich, da ich mitten in Deutschland lebe,)
    2. Die Bücher zur Regionalgeschichte gibt es häufiger in den Bibliotheken in der Nähe oder sogar in den Sammlung der Heimat- und Geschichtsvereine, Heimatforscher etc.
    3. Die Museen mit den Originalfunde liegen auch quasi um die Ecke. (Ich musste aber leider auch viele Jahre darauf warten, bis die Originale endlich wieder ausgestellt wurden.)
    4. Es ist gar nicht so unwahrscheinlich, dass man mal die Fachautoren, Ausgräber etc. kennenlernt, weil die durchaus alle paar Jahre mal einen Vortrag oder eine Führung in meiner Nähe machen.
    5. Wahrscheinlich macht niemand sonst diese Darstellung. Ich bin wahrscheinlich ein Unikat.

    Einziger Nachteil: Die Nachbildungen, Replikate etc. gibt es in der Regel nirgends als Katalogware in einschlägigen Online-Shops und man ist wahrscheinlich auf Spezialanfertigungen angewiesen. (Aber das ist eigentlich auch wieder ein Vorteil.) Erfahrungsgemäß sind diese Spezialanfertigungen von Schmuck nicht mal wesentlich teurer als gleichwertige Stücke aus der Serienproduktion.

    Viele Darsteller und Hersteller bevorzugen obige Verschluss-Version bei Gürteln mit Gegenbeschlag. Bei dünner Lederdicke funktioniert diese Verschlussweise zumindest. Wahrscheinlich handelt es sich eher um einen Reenactorismus.

    Zum Thema Riemenführung durch die Schnalle gibt es nur sehr wenige Quellen.

    Alternative Verschlussweise:

    Im Grab der Arnegunde, St. Denis Paris wurden Lederfragmente zu einem breiten Gürtel mit Gegenbeschlag gefunden. Fürs Museum wurde diser Ledergürtel vollständig rekonstruiert. Der Gürtelriemen ist komplex aus vernähten Leder aufgebaut und ein dünnerer Riemen ist an der Schnalle angesetzt und auf eher ungewöhnliche Weise verknotet. Leider habe bisher keine Fotos der originalen Ledergürtels gesehen. Zum Grab gehören auch Schuhe und Strumpfband mit interessanter Riemchen. In dem Buch "Königinnen der Merowinger" sind nur Fotos der Rekonstruktionen. Weiterführende Literatur dazu ist wahrscheinlich nur in französischer Sprache verfügbar. (Deshalb habe ich genau an der Stelle mit der Recherche aufgehört.)

    Foto der Gürtelrekonstruktion: https://64.media.tumblr.com/085b6b1592931c…stg3oz_1280.jpg

    Weitere Riemenfragmente gibt es aus Arles und Saint Quentin, Frankreich, und aus der Kirche St. Ulrich und Afra, Stuttgart.

    Gerade bei dem Gürtel des Heiligen Caesarius von Arles ist gut erkennbar, dass der Riemen nicht überall die gleiche Breite hat.

    Insgesamt ist das Outfit in seiner Schlichtheit glaubwürdig.

    Wenn du dich für die Kleidung speziell von Fischern interessierst, ist es meiner Meinung nach ein guter Ansatz auch die spätantike bzw. frühbyzantinische Kunst zu betrachten. Der Apostel Petrus wird manchmal als einfacher Fischer am See Genezareth abgebildet,

    Nur aus den Schriftquellen ist ein Kleidungstück namens Caracalla bekannt.

    Nach ihr erhielt auch ein besonders verrückter Kaiser (188 bis 217 n. Chr.) seinen Beinamen. Kaiser Caracalla soll das gleichnamige Kleidungsstück bei seinen Reisen durch Germanien getragen haben. Es soll sich um ein ursprünglich gallisches Kleidungsstück mit Kapuze gehandelt haben. Ob es eine Tunika mit Kapuze oder ein Mantel mit Kapuze war, ist umstritten. Der Name des Kleidungsstückes taucht nur in Zusammenhang mit dem Kaiser auf.

    Kaiser Caracalla war für seinen exzentrischen Kleidungsstil bekannt war. Auch weitere modische Fehltritte sind überliefert.

    Von Caracalla gibt es zahllose Bildnisse, etwa Münzen und Statuen. Da trägt er aber immer das typische Feldherrenoutfit.

    Eine Gleichsetzung der Caracalla mit den spätantiken koptischen Tuniken mit Kapuze wird in der Forschungsliteratur teilweise nahegelegt. Ich halte das aber aufgrund der geografischen und zeitlichen Entfernung eher abwegig.