Pseudo-Ringfibel nach Fund aus Grab 179 (156/1911) in Haithabu

  • Pseudo-Ringfibel nach Fund aus Grab 179 (156/1911) in Haithabu

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    Anspruch: fundangelehnte Rekonstruktion mit Interpretation der fehlenden Elemente

    Größe: ca. 6 x 4,5 cm

    Material: Neusilber, Bernstein, Eisen

    "Pseudo-Ringfibel, Bronze.

    Dm. 4,3 cm. Mehrfach gebrochen und schlecht erhalten; auf der Rückseite planer Ringkörper aus zwei gegenüber liegenden Teilen mit Tierkopfenden, zwischen deren aufgerissenen Mäulern rund eingefasste Bernsteinstücke sitzen; auf der einen Seite zwei, auf der anderen Seite eins; zwischen den beiden nebeneinander liegenden Einlagen ein Kopf im Borrestil; Nadelkonstruktion vorhanden." (Arendts/Eisenschmidt 2010, Die Gräber von Haithabu Band 2)

    Im Zuge der Haithabu-Ausgrabungen wurden 1911 auf Koppel Köpke südlich des Bachs in Grab 179 (156/1911) die schlecht erhaltenen Reste einer Pseudo-Ringfibel gefunden.

    Über viele Jahrzehnte existierte hiervon nur eine Interpretationsskizze, da die Fragmente selbst im Grabungsmaterial nicht mehr auffindbar waren.

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    T. Capelle zeigt 1968 in 'Der Metallschmuck von Haithabu' zwar eines der Fragmente (Tafel 25-9), schreibt jedoch dazu: "[...] Fundumstände unbekannt"]. Noch 1986 wird von Jankuhn lediglich die ursprüngliche Skizze publiziert, erst 2010 legen Arendts/Eisenschmidt in 'Die Gräber von Haithabu' eine aktuelle Zeichnung vor, da zwischenzeitlich die Fragmente wieder aufgefunden und identifiziert werden konnten.

    Hierbei fiel auf, dass die ursprüngliche Interpretation als Ringfibel falsch war. Auf der Rückseite fanden sich Reste von Nadelrast und Nadelhalter, wodurch sich eine Klassifizierung als Pseudo-Ringfibel ergab.

    Übereinstimmend wird von einem sehr schlechten Erhaltungszustand der Fragmente berichtet, was man in der (einzigen mir bekannten) fotografischen Abbildung bei Capelle auch deutlich sieht.

    Vergleicht man das Bild dort mit den beiden Rekonstruktionszeichnungen, so zeigt sich das enorme Vorstellungsvermögen und die Kreativität der jeweiligen Zeichner.

    Leider ist meine Anfrage nach aktuellen Bildern der Fragmente beim Museum in Haithabu ergebnislos verlaufen, so dass ich meinen Rekonstruktionsversuch allein auf die beiden Zeichnungen und eventuelle Vergleichsfunde stützen musste.

    Arendts/Eisenschmidt geben Parallelen zu norwegischen Fibeln um 900 herum an.

    Auch nach intensiver Recherche habe ich jedoch keine Fibel gefunden, die der in Haithabu auch nur ansatzweise gleicht.

    Lediglich ein Exemplar im Museum in Oslo (Katalog-Nr. C19099 - http://www.unimus.no/artefacts/khm/…r=C19099&f=HTML) geht mit seinen beiden gegenüber liegenden Tierköpfen ganz grob in die gleiche Richtung, wird jedoch als singulärer Fund ohne ähnliche Vergleiche in Norwegen beschrieben.

    Nun - selbst in den Zeichnungen sind die Tierköpfe nur rudimentär erkennbar und ähneln eher einem Vogelschnabel oder einem Schlangenmaul. Deswegen habe ich mich letztlich dazu entschieden, die Köpfe anhand der bekannten Haithabu-Drachenkopf-Nadel zu rekonstruieren. Sofern ich damit völlig falsch liege, bitte ich dies angesichts des sehr schlecht erhaltenen Originals und des überschaubaren Bildmaterials zu entschuldigen.

    Statt der Bronze des Originals habe ich Neusilber verwendet. Hierdurch kommt m.M.n. der Bernstein als farblicher Kontrast schöner zur Geltung.

    Als Technik zur Umsetzung der Muster habe ich wieder einmal geätzt. Aufgrund der etwas komplexeren Struktur der Fibel dieses Mal in zwei Ebenen bzw. mit zwei separaten Blechen, die ich hinterher einzeln bearbeitet und dann aufeinander gelötet habe.

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    Allerdings stößt diese Methode bei den sehr feinen Strukturen ( < 0,1 mm) definitiv an ihre technischen Grenzen. Ab einer gewissen Ätztiefe werden kleine Strukturen auch seitlich unterätzt und lösen sich vom Untergrund. Deswegen ist das Muster in den Köpfen der Fibel teilweise auch etwas 'löchrig' geworden ;)

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    Beim Bernstein habe ich auf fertig geschliffene Cabochons zurückgegriffen. Die hätte ich selbst nicht so gleichmäßig hinbekommen. Auch habe ich sie nicht gefasst, sondern mit modernem Kleber aufgeklebt.

    Die Nadel ist aus Eisen gebogen, der kleine Knick hinter dem Nadelhalter ist meiner Schusseligkeit geschuldet. Nach dem Biegen und Einlöten der Achse habe ich gemerkt, dass ich falsch herum gewickelt hatte, und deswegen die Nadel nicht mittig liegt. Um nicht alles neu machen zu müssen, habe ich mich für den S-förmigen Knick entschieden.

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    Wie eingangs erwähnt handelt es sich bei der Ausführung der Fibel lediglich um eine / meine mögliche Interpretation, da das mir zur Verfügung stehende Quellenmaterial nicht mehr hergab. Falls das Original völlig anders aussehen sollte, bitte ich dies entsprechend zu entschuldigen.

    Zeitaufwand:

    • Recherche nach Vergleichsfunden: echt lange
    • Zeichnung der Ätzvorlagen: 2 Abende
    • Ätzen: mehrere Fehlschläge, deswegen 2 Nachmittage
    • Aussägen und Vorbereiten der beiden Bleche: 2 Abende
    • Montieren und Endbearbeitung: 2 Abende

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