Tutorial: Gießen von Spinnwirteln aus Zinn / Blei

  • Tutorial: Spinnwirtel aus Blei / Zinn gießen

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    Nachdem ich letztens ein Tutorial zum Schnitzen eines Spindelstabs gepostet hatte, gibt's heute ein paar passende Spinnwirtel dazu.

    Spinnwirtel gab es durch die Epochen in allen möglichen Formen und aus allen nur denkbaren Materialien - Ton, Holz, Glas, Knochen, Horn, Elfenbein, Blei, Speckstein, Bronze, Schiefer, Sandstein, Kalkstein, Gagat - die Liste ist unheimlich lang.

    Besonders häufig finden sich Wirtel aus gebranntem Ton, da dieser leicht zu verarbeiten und nahezu überall verfügbar war.

    Überaus selten hingegen sind die Exemplare aus Glas. Wunderschön, allerdings aufgrund ihres Werts wohl eher dekoratives Statussymbol, als weniger zum täglichen Gebrauch gedacht.

    Recht schön sieht man das an zwei Exemplaren aus Haithabu, die als Grabbeigaben gefunden wurden. Sie werden aufgrund von Form und Muster auf die Merowingerzeit datiert, waren also zum Zeitpunkt der Bestattung bereits rund 400-500 Jahre alt. Eine derartige Wertschätzung dürfte ein gewöhnlicher Alltagsgegenstand vermutlich nicht erfahren haben.

    Nun, heute geht es um Spinnwirtel aus Blei bzw. Zinn. Spinnwirtel aus Blei sind regelmäßig nahezu überall im Fundgut verstreut, und ihre Formen gleichen denen anderer Materialien. Für meine Exemplare habe ich jedoch Zinn verwendet, da Blei bekanntermaßen giftig ist. Aussehen und Eigenschaften sind sich sehr ähnlich, und so fällt das 'falsche' Material gar nicht groß auf.

    Beide Metalle lassen sich bereits bei vergleichsweise niedrigen Temperaturen und mit einfachen Mitteln zuhause schmelzen. Dadurch sind auch die Anforderungen an die Gußform auch nicht besonders hoch.

    Hier im Tutorial verwende ich einfach ein Vierkantholz. Holz nimmt zwar auf Dauer durch die Hitze des flüssigen Zinns auch Schaden, allerdings erfahrungsgemäß erst nach mehreren Dutzend Güssen. Ein paar Spinnwirtel für den Eigenbedarf sind also überhaupt kein Problem.

    Es gibt einige Formen der Spinnwirtel, die so gut wie immer und überall im Fundgut vertreten sind. Das sind - unter einigen anderen - die scheibenförmigen Spinnwirtel und die konischen. Beide Typen lassen sich ganz hervorragend und sehr einfach mit einer hölzernen Gußform realisieren.

    1) Für die scheibenförmigen Spinnwirtel wird ein Loch im gewünschten Durchmesser in das Holz gebohrt, so tief, wie der Spinnwirtel hinterher dick sein soll. Dafür habe ich einen Forstnerbohrer verwendet.

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    Achtet darauf, dass das Loch oben minimal breiter sein sollte als unten, damit der fertige Spinnwirtel sich hinterher leicht aus der Form lösen lässt.

    Mittig zentriert wird ein Loch komplett durch das Holz gebohrt. Dieses sollte ein wenig dünner sein als der maximale Durchmesser Eures Spindelstabs, damit der Spinnwirtel hinterher auch gut drauf hält.

    Für einen konischen Spinnwirtel wird die Gußform entsprechend angepasst. Entweder mit einem speziellen Bohrer, oder (wie bei mir) mit dem Dremel und einem kleinen Fräser.

    2) Wenn die Formen fertig sind, steckt Ihr von oben einen Spindelstab in das mittlere Loch. Dadurch sitzt der Spinnwirtel hinterher - Wortspiel beabsichtigt - wie angegossen 😉

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    Zum Schmelzen von Zinn und Blei reicht im Grunde ein alter Löffel als Schmelztiegel und eine Kerze. Das Prinzip kennt vermutlich jeder vom Bleigießen an Silvester.

    Ich selbst habe einen Tiegel und einen Gasbrenner verwendet, so dass ich genug Zinn für mehrere Spinnwirtel gleichzeitig schmelzen konnte.

    3) Stellt nun Eure Gußform auf eine stabile Unterlage, bringt Zinn oder Blei zum Schmelzen, und gießt es gleichmäßig in die Form. Gebt dem Ganzen ein paar Minuten Zeit zum Erkalten und bewegt die Form in dieser Zeit nicht.

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    4) Danach könnt Ihr den Spinnwirtel mitsamt der Spindel aus der Form ziehen.

    Durch die Hitze hat Eure Spindel sich unter dem Metall wahrscheinlich verfärbt. Das kann man entweder hinterher weg schleifen, oder eine Spindel speziell nur für die Gußform verwenden.

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    5) Der Spinnwirtel schaut jetzt noch nicht besonders schön aus und trägt noch deutliche Gußspuren.

    Allerdings lässt sich das weiche Metall mit Feile und Sandpapier ganz leicht bearbeiten.

    Glättet Eure Spinnwirtel, bringt sie in eine schöne Form, und entfernt die Gußgrate.

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    6) Wer möchte, kann seine Spinnwirtel noch mit einem Muster versehen. Orientiert Euch dabei am besten an Funden, die regional und zeitlich zu Eurer Darstellung passen.

    Auch hier hat das weiche Metall wieder einen großen Vorteil - es lässt sich mit einem Messer ritzen, es lässt sich stempeln, punzieren, usw…

    Glättet am Ende alles wieder fein säuberlich, damit später keine Fasern dran hängen bleiben.

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    Zum abschließenden Polieren reicht ein Leinentuch. Das ist rau genug zum entfernen leichter letzter Kratzer und gibt dem Metall einen schönen Glanz.

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    Viel Spaß, und zeigt hinterher gerne mal Eure Ergebnisse 🙂

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