Bernstein-Würfel aus Gotland

  • Bernstein-Würfel nach Gotland

    Fundort: Stora Karlsö, Bootgrab 1, Gotland

    Zeitstellung: Wikingerzeitlich

    Material: Bernstein

    Abmessungen: ca. 1 x 1 x 1 cm

    Anspruch: fundnah / belegorientiert

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    Nahezu alle gefundenen Wikingerzeitlichen Spielwürfel bestehen aus Geweih bzw. Knochen. Würfel aus anderen Materialien sind hingegen überaus rar.

    Letztens hatte ich beispielsweise bereits ein Exemplar - das einzige mir bekannte - aus Bronze gezeigt, welches aus Füsing bei Schleswig stammt.

    Seitdem habe ich ein weiteres interessantes Einzelstück ausfindig machen können: einen Spielwürfel aus Bernstein, gefunden auf Gotland.

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    Das Original findet sich unter der Fundnummer SHM 19854 im schwedischen Nationalmuseum.

    Leider existiert dazu kein Bild in der Datenbank, und auch sonst konnte ich keine Abbildung dazu finden.

    Allerdings ist der Würfel in Lena Thunmark-Nylén's 'Die Wikingerzeit Gotlands III-1' wie folgt beschrieben:

    "Kleine kubische, knapp einen Zentimeter große Würfel aus Geweih oder Bernstein findet man ebenfalls anderenorts im Fundmaterial mit wikingerzeitlicher Anbindung.

    [...]

    Ein kleiner kubischer Würfel aus Bernstein wurde bei einer Untersuchung auf Stora Karlsö angetroffen, [...]. Die Augen [...] verteilen sich über die jeweiligen Gegenseiten mit folgenden Paaren: 1+2 bzw. 3+4 und 5+6."

    Nun, diese Informationen reichen im Grunde ganz gut für eine angenäherte Rekonstruktion aus:

    Das Material ist bekannt (Bernstein), die Form (kubisch), Abmessungen (knapp ein Zentimeter Kantenlänge), Verteilung der Augen (1 gegenüber 2, 3 gegenüber 4, 5 gegenüber 6).

    Lediglich die Form der Augen ist nicht erwähnt.

    Da bei nahezu allen Würfelfunden dieser Zeit und Region die Augen als einfache oder doppelte Kreisaugen ausgeführt sind, habe ich das ebenso gemacht.

    Als Material diente mir Ostsee-Bernstein.

    Der lässt sich hervorragend verarbeiten.

    Mit ein wenig Gefühl kann man ihn ganz leicht sägen und in Form schleifen.

    Die grobe Politur habe ich auf einen rauen Stück Pappe gemacht. Danach auf einem Leinentuch auf Hochglanz poliert.

    Für die Kreisaugen habe ich mir aus einem dünnen Rundstahl einen einfachen Kreisaugenbohrer zurecht gefeilt.

    Beim helleren der beiden Würfel habe ich die Rillen anschließend noch mit rußgeschwärztem Bienenwachs verfüllt.

    Dadurch sind die Augen deutlich besser erkennbar.

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    Fazit: Ein weiteres interessantes kleines Kuriosum in meiner Sammlung.

    Falls jemand von Euch noch Exemplare aus Glas, Holz, Eisen, Blei, Keramik oder anderen Materialien kennt - ich freue mich jederzeit über Tipps :)

    Zeitaufwand: ein Abend, ganz gechillt beim Fernsehen

    PS: Bei frühmittelalterlichen Spielwürfeln ist die heutige Verteilung der Augen (gegenüberliegende Seiten ergeben die Summe von 7) nur sehr vereinzelt anzutreffen.

    Deutlich häufiger sind alle möglichen davon abweichenden Verteilungen zu finden, beispielsweise wie hier mit 1-2, 3-4, 5-6.

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