Germanische Kleidung im ersten Jahrhundert n. Chr, eine kleine Übersicht

  • Germanische Kleidung des ersten Jahrhunderts nach Christus lässt sich recht gut anhand diverser Bilddarstellungen, vorwiegend römischer Provinienz, sowie einer Vielzahl von Textilfunden, zumeist Moorfunde aus dem Norden Europas, rekonstruieren. Beschreibungen römischer Autoren existieren ebenfalls und runden das Bild ab. Regionale Modeerscheinungen und ethnische Marker, die es sicher gegeben haben wird, lassen sich aber, wie in allen bildarmen Zeiten schwer definieren. Vor allem, da eigentlich alle Bildquellen aus einer fremden, meist römischen Perspektive heraus erstellt worden sind.

    Im römischen Raum wurden Topoi und Stereotype von Barbaren angewendet, welche bereits in der Vergangenheit im Bezug auf die Darstellung keltischer Bevölkerungsgruppen Anwendung gefunden hatten, als auch neue, welche dem Betrachter die regionale Herkunft der Betrachteten vermittelte. Ebenso muss gesagt werden, dass die, heute von uns und damals von den Römern als „Germanen“ bezeichneten Gesellschaften im ersten Jahrhundert nicht gerade bilderaffin waren. Es bleiben also eigentlich immer, wohl auch klischeehafte römische Darstellungen, wobei man hier auch recht gut Topoi erkennen und die jeweilige Darstellung im Kontext dieser einordnen kann. Ebenso decken sich viele Darstellungen recht gut mit den vollständig gefundenen Kleidungsstücken aus den Mooren Nordeuropas.

    Dass die Grenzen zwischen (provinzial) römischer und germanischer Kleidung fließend waren, zeigt eindrücklich die Kleidung des Mannes aus Obenaltendorf, sowie Fundstätten von Textilproduktion im römischen Stil aus Skandinavien. Ebenso ist der Kittel aus Reepsholt, welcher wie der Name sagt, in Norddeutschland gefunden wurde, wohl ein römisches Produkt. Auch interessant ist die Tunika aus dem Thorsberger Moor, deren Materialien nachweislich aus dem Norden stammten, deren Schnitt aber im Stil einer römischen, beziehungsweise keltischen Reitertunika, wie sie sich anhand von Bildquellen seit dem 1. Jhdt. vor Christus nachweisen lässt, ausgeführt wurde. Das gleiche gilt wohl auch für die beiden bekannten Hosen aus Thorsberg, die in einer spätantiken Darstellung aus Bulgarien eine direkte Entsprechung finden. All dies spricht für den regen Austausch und der Aneignung von kulturellen Praktiken, Ideen und Waren.

    Der Großteil der uns durch Moorfunde erhaltenen Kleidungsstücke der Männertrtacht datiert in das 2. und 3. Jahrhundert nach Christus. Die Formen, welche aber, wie bereits erwähnt, größtenteils den bildlichen Darstellungen römischer Provinienz entsprechen, dürften sich durch die Jahrhunderte in ihrer Grundform wenig gewandelt haben.

    Eine Beschreibung germanischer Kleidungsstitten liegt auch in Tacitus Germania vor, deren Aussagen aber unter quellenkritischer Betrachtung mit Vorsicht betrachtet werden müssen. Im Allgemeinen stimmt die Beschreibung barbarischer Kleidung aber mit dem derzeitigen Stand der Forschung und der Fundlage überein.

    Das definierende Merkmal „barbarischer“ (Männer) Kleidung war für die Römer die Hose gewesen. Häufig ist es neben den Schuhen und gelgentlich einem Manteltuch die einzige Kleidung, in der Germanen von den Römern bildlich dargestellt werden. Uns liegen lange Hosen in Form der Thorsberg Hose I, der Thorsberg Hose II und der Damendorf Hose vor. Mit langen Hosen bekleidet werden Germanen üblicherweise dargestellt. Die Hose besitzt hierbei einen Rollsaum, oder wird mithilfe einer Schärpe verschlossen. Einen solchen Schärpenfund gibt es in Marx Etzel. Eine Darstellung auf der Trajanssäule lässt sich eher als Schärpe, als als Rollsaum interpretieren. Dennoch lässt sich besonders die Damendorfhose durchaus auch mit einem Rollsaum tragen. Die Hosen aus dem Thorsberger Moor waren mit Gürtelschlaufen versehen.Weniger häufig abgebildet werden kurze Hosen. Archäologisch sind sie aber durch die Marx-Etzel Hose, die Hose des Mannes von Obenaltendorf sowie die Dätgen Hose belegt. Die Datierungen reichen vom 1. bis ins 6. Jhdt nach Chr.

    Als primäre Bekleidung des Oberkörpers in der Männertracht finden wir Tuniken, also hemdsartige Gewänder, sowohl in kurzärmeliger, als auch langärmeliger Form wider. Auf Darstellungen werden diese auch als zusammen getragen, dargestellt. Funde von Langarmtuniken aus dem germanischen Raum liegen durch die Thorsberg Tunika, die Tunika von Reepsholt und aus dem gallorömischen Raum aus les Martres Veyres vor. Kurzarmtuniken kennen wir aus Obenaltendorf und Marx-Etzel. Beides war wohl zu unterschiedlichen Zeiten die Lendbreen Tunika gewesen, welche wohl zunächst als ärmellose Tunika gefertigt worden war, dann aber durch das Hinzufügen von Ärmeln umfuktioniert wurde. Die in römischen Bildquellen dargestellten Tuniken reichen jeweils von der Mitte der Oberschenkel, bis hin zu den Knien.

    An Frauenkleidung liegen uns besonders vorkaiserzeitliche Funde aus der Eisenzeit Nordeuropas vor. Die archäologische Fudlage präsentiert eine Peplostracht, welche sich im 1. Jahrhundert als kürzer und weniger voluminös als in der früheren Eisenzeit darstellt und auch mit einem Rock kombiniert wurde, als eine Art Rock-Blusen Kombination. Wichtige, erhaltene Kleidungsstücke sind der Peplos von Huldremose, der Damendorf Rock, der Rock von Huldremose, der Hammerum Peplos und die diversen Fragmente aus Lonne Hede, welche als Peplos und als Peplos-Rock Kombination interpretiert werden können.

    Römische Bildquellen zeigen germanische, wie barbarische Frauen allgemein in peplosartigen Gewändern. Eine eher provinziale Tracht, in der Art der Tracht der Nehalennia, also mit langer Tunika/gallischem Mantel und Schultertuch, wäre auch im ersten Jahrhundert für germanisch beschriebene Kulturen denkbar und ist durch einen gallo römischen Grabfund des zweiten Jahrhunderts aus les Martres Veyres beschreibbar.

    Insgesamt wird angenommen, dass sich, zumindest in vorrömischer Zeit die Kleidung von Frau und Mann wenig unterschieden hat, dies wird auch von Tacitus so beschrieben. Derartige geschlechtsunabhängige Kleidung umfasst Rechteckige Tücher bzw. Schals, Manteltücher, Wadenwickel, Fellcapes, Fußlappen, Fellcapes, Stirnbänder und Überärmel.

    Wadenwickel in Streifenform kennen wir aus Mainz und Damendorf. Solche in kurzer, rechteckiger Form kennen wir aus Obenaltendorf und dem Søgård Mose.

    Manteltücher kommen sowohl als große Gewebe, sogenannte Prachtmäntel, als auch kleinformatiger vor und wurden wohl, an der rechten Schulter, oder vor der Brust mit einer Fibel verschlossen als Mantel getragen.

    Schals sind aus dem gallorömischen Raum bekannt, aus der vorrömischen Eisenzeit kennen wir, beispielsweise aus dem Huldremose Schultertücher, welche auch als Schleier interpretiert werden können. Ebenso liegen für das 1. Jhdt aus den Frauengräbern von Lonne Hede mehrere Funde von als Schultertüchern interpretierte Fragmente vor.

    Fellcapes in diversen Formen waren seit der Bronzezeit ein essentieller Bestandteil des Kleidungssortiments Nordeuropas. Auch bis über die römische Kaiserzeit hinaus, lassen sich noch datierbare Funde von Fellcapes beschreiben, besonders wichtig für das erste Jahrhundert sind hierbei Windeby, Osterby und Rendswühren. Allgemein gesehen waren die Fellcapes, wie die rechteckigen Tücher wohl geschlechter- und altersneutrale Kleidungsstücke und wurden mehrfach in Kombination mit diesen als Kleidung an Moorleichen gefunden.

    Mützen und Hüte sind wenig bekannt. Exemplare gibt es lediglich aus der vorrömischen Eisenzeit. Auch in römischen Darstellungen von Germanen tragen diese, im Gegensatz zu Dakern, selten Kopfbedeckungen. Ob dies eine Trachtensitte war, einen römischen Topos darstellt, oder andere Gründe hatte, lässt sich nicht genau rekonstruieren.

    Aus dem keltischen/provinzialrömischen Raum gibt es sowohl schriftliche Nachweise, als auch Funde von Socken und Strümpfen. Im germanischen definierten Kontext wurden bisher keine Funde gemacht. Einzig in Lonne Hede gibt es Hinweise auf die Verwendung von Fußlappen. Ob Wadenwickel, wie die des Mannes von Damendorf auch um den Fuß gewickelt getragen worden sind, läßt sich schlecht sagen, die Möglichkeit dazu besteht bei ausreichender Länge der Wickel jedoch.

    Weitere, beschreibbare Kleidungsstücke wären Überärmel, als auch Stirnbänder, welche sich teils archäologisch nachweisen lassen und in bildlichen Darstellungen als von männlichen und weiblich gegenderten Personen getragen präsentieren.

    Die dominierende Webart des ersten Jahrhundert unter den als germanisch interpretierten Kulturen ist der Gleichgratkörper. Vereinzelt lassen sich auch Rautenkörper nachweisen, so besipielsweise in feiner Ausführung unter den römischen Textilfunden von Mainz. Im Nordeuropa wird davon ausgegangen, dass es sich im ersten Jahrhundert um eine noch wenig verbreitete Webart gehandelt hatte, deren Beliebtheit erst in den folgenden Jahrhunderten zugenommen hatte, was sich auch darin widerspiegelt, dass ein Großteil der als germanisch interpretierten Kleidungsfunde in dieser Webart ausgeführt worden war. Wenig verbreitet waren Leinwandbindung und Fischgratkörper, welche aber beide in Lonne Hede nachgewiesen werden konnten. Für das das erste Jahrhundert ist es nicht unwahrscheinlich, dass Stoffe nicht nur in häuslicher Produktion entstanden, sondern auch aus römischen Quellen erstanden wurden. Eine heimische Textilproduktion ist durch zahlreiche Siedlungsfunde von Webgewichten und Spinnwirteln nachweisbar.

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