When you see it - oder wie Medien das Geschichtsbild prägen

  • Moin,

    wir alle kennen die Situation: es kommt ein neuer Film raus und man weiß genau: Auf den Events dieses Jahr werden diese Outfits omnipräsent sein. Nach Braveheart kamen die Rockschotten, nach Kingdom of Heaven, die Ibelins und Kreuzritter, von den Pirates nicht zu reden. Vikings und Game Of Thrones bescherte uns Undercut, Schulterfelle und Vegvisirschilde. Wer sich das Programm dann ansieht, stellt fest, dass wenn ein Stil erfolgreich ist, gibt es Nachahmer, Vikings --> Last Kingdom, und so weiter.

    In einem Fall fiel mir aber auf, dass ein Film eine dermaßen Medienwucht erzeugte, dass er das Realbild ersetzt hat - Saving Private Ryan (aka Der Soldat James Ryan).

    Bevor ich weiterschreibe, muss ich einen Disclaimer setzen: SPR ist ein grandioser Film, als Film an sich und um die Brutalität des Krieges zu zeigen - ansonsten ist er leider das Braveheart des WK2s (mit besserer Ausstattung). Dennoch ist er einer meiner liebsten Filme. Aber es geht nicht darum, die Fehler des Films zu zählen, sondern die Wirkung, die der Film als solches hatte /Disclaimer

    Im Film landet Captain Miller mit der Charlie Kompanie des 2nd Ranger Batallions an Omaha Beach. Der Film erweckt den Anschein, dass sie die ersten am Strand sind, in dem Moment wird das Bild des Strands geprägt: Leicht ansteigender Strand, dann Steilküste mit massiven Betonbunkern und Massen an Kampfständen mit MGs. Und das ist problematisch, denn das ist ähnlich gravierend falsch, wie das Fehlen der Brücke bei der Schlacht von Stirling Bridge in Braveheart.

    Es zeigt sich hier massive Fehlinterpretationen - die gewaltigen Betonbunker, das Fehlen der Ortschaft, die Steilklippen: Die Bunker im Atlantikwall waren genormt, sogenannte Regelbauten. Die Bunker mit Frontöffnung waren reine Beobachtungspunkte, für Artillerie, die einzigen dieser Bunker, die man vom Strand aus sieht, ist der von Lonques sur Mer und Pointe du Hoc (das tatsächliche Ziel der 2nd Rangers) - beides Artilleriebatterien. Alle anderen Bunker waren flacher und hatten zwei Öffnungen 45° zur Seite, um Frontalbeschuss zu vermeiden. Die Kampfstände, aus denen die Infanterie bekämpft wurden, waren kleine 1-4 Mann Anlagen, oft ohne Dach. Die Flammenwerferszene passierte so wirklich, allerdings am Pointe du Hoc.


    Dieses Bild: https://www.flickr.com/photos/herbnl/8167689273 zeigt im linken Abschnitt den Abschnitt DOG Green, hier sieht man, wie Spielberg ihn interpretierte: https://www.dga.org/-/media/Images…3AD008AD645E700

    Bis hierher haben wir einen Hollywoodfilm, der nicht authentisch ist - soweit so gut, kennen wir.

    Mein Problem mit der Situation:

    Hier stellt ein Künstler seinen Omaha Beach aus Lego vor:

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    Auch der Film "My Way" aus Korea, hat einen Abschnitt an Omaha Beach: https://orientalnightmares.files.wordpress.com/2012/04/800px-…an_movie-20.jpg

    Und das ist der Punkt: Filme versuchen nicht mehr ihren Stil einzubauen oder die Realität abzubilden, sie bauen Stephen Spielberg nach! Spielbergs Version von Omaha Beach hat die Realität ersetzt.

    Das finde ich dahingehend bedenklich, da dem Film ja landläufig ein gewisser Ruf an Authentizität und Realismus zugesprochen wird. Das der eher gering ist, spielt da keine Rolle.)

    Wir sind an einem Moment angekommen, wo Verantwortliche, Medienschaffende und Künstler sagen "Hm, Omaha Beach, was gibts denn so an Livebildern? Frank Capa? Oh, die sind aber unscharf. Hey, Saving Private Ryan, war doch authentisch, dann nehm ich das als Vorbild!" - und das geht in die Hose.

  • Da hat es mich mehr gestört das in der Kathedrale von Bayeux unser Lieblingsteppich bei einer regelmäßigen Lichtshow an Wände projiziert wird, wo er nicht für angefertigt wurde. Was da aber so "verkauft" wird.

    Das würde mich bei Lego weniger stören.

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