Bohrschwert / Pörschwert / Estoc im 15. Jahrhundert - mehr Panzerstecher als Schwert?

  • Kürzlich hat nun auch das Harnischsetup im Innsbrucker Stil ein langes Schwert erhalten. Hierbei handelt es sich um ein sogenanntes Bohrschwert (in zeitgenössischen deutschen Texten als 'pörschwert' beschrieben), dass auch Panzerstecher (frz. 'estoc') genannt wird. Die Klinge (Typ XVIIIa nach Oakshott) dieses rund 120cm langen Schwertes ist 4cm breit. Dank ihrer hochstehenden Mittelrippe verfügt sie über eine Stärke von knapp 1,3cm. Kurz vor dem Ort beträgt diese immer noch 5mm! Der Knauf (Typ T nach Oakeshott) und die einfach gehaltene, aber massiv ausgeführte, Parierstange (Stil 1 nach Oakeshott) passen gut zur Einsatzweise dieses Schwerttypes.

    Waffen wie diese wurden vorallem zum Kampf gegen geharnischte Gegner verwendet. Mit ihnen wurde primär nicht gehauen bzw. geschnitten (die Klinge ist nur im Bereich des Ortes scharf geschliffen), sondern es wurde versucht (gerne mittels der Halbschwerttechnik) den Ort in eine Blöse/Lücke der gegnerischen Rüstung zu stechen. Klingen wie diese sind durch ihren Querschnitt sehr steif und geben kaum nach. Mit der Zuhilfenahme des eigenen Körperdrucks/gewichtes war es dann das Ziel, die Textilschichten, oder aber das unter dem Plattenharnisch getragene Ringgeflecht des Gegenübers zu durchstossen und so eine Entscheidung im Kampf herbeizuführen.

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    (Bildquelle: J. Malovany & ich)

    Dieses Bild zeigt den Querschnitt an verschiedenen Stellen der Klinge dieser Interpretation. Man erkennt sehr gut den wirklich hohen Mittelgrat, der sich über die ganze Klinge - von der Angel bis herunter zum Ort- erstreckt. Leider fertigt dieser Schmied keine Blankwaffen mehr an, da er bereits pensioniert ist. Jakub (von ArmaBohemia) hatte von ihm noch diese Klinge aus Altbeständen liegen, die dann einer seiner anderen Schmiede zu diesem Schwert komplettierte.

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    (Bildquelle: J. Malovany)

    Bei diesem Bild sind einige Originale zusehen, die über solch eine Panzerstecherklinge verfügen. Es handelt sich hierbei eigentlich immer um Klingen des Types XV, XVIII und XVIIIa. Sie fanden vor allem in der 2. Hälfte des 15. Jhd. bis ins 16. Jhd. hinein ihre Verwendung.

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    (Bildquellen: eigene Fotos & Pinterest)

  • Hier ist noch ein zweites Exemplar eines sogenannten Bohrschwertes. Diese für das 15. Jhd. sehr typische Blankwaffe verfügt über eine Klinge des Types XV/XVIII nach Oakeshott. Sie ist auch mit einem starken Mittelgrat -1,1cm Klingenstärke an der Basis- ausgestattet, der sich verjüngend über die komplette Klinge bis hinunter zum Ort verläuft. Die Klinge ist - wie bei dem langen Schwert im 1. Beitrag - ebenfalls sehr steif und somit perfekt zum stechen geeignet. Aber auch schneiden konnte man mit diesem Schwert. Es ist -wie die Vorlage- scharf ausgeschliffen (das Schwert im 1. Beitrag ist nur um den Ort herum geschärft).

    Der Knauf (Typ V nach Oakeshott) ist in den Schweizer Quellen häufiger im späten 15. Jhd. anzutreffen. Auch das Werkzeug im Besteckbalkon der Scheide findet man in den regionalen Bildquellen gelegentlich. Der Griff dieses Schwertes wurde aus Horn gefertigt. Das Stück ist bereits mehr als 16 Jahre alt und wurde ebenfalls von dem im 1. Beitrag kurz genannten Schmied gefertigt, der sich bereits im Ruhestand befindet.

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    (Bildquelle: D. Grütter)

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    (Bildquelle: ich)

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