Auf dem Bild trage ich einen ganzen spätgotischen Reiterharnisch (so vollständig auch "Küriß" genannt), im süddeutschen Stil, um 1480. Er hatte kein konkretes einzelnes Vorbild zur Vorlage, sondern vereint Anleihen verschiedener süddeutscher Harnische- und Harnischteile dieser Zeitstellung. So reich, mit den typisch spätgotischen Gratbündeln, den Kehlungen und den aufwendig gefeilten Randverzierungen versehene Exemplare, bilden langsam aber sicher den krönenden Abschluss der spägotischen deutschen Harnischmode. Kurze Zeit später schlägt diese in einen weitaus weniger reich verzierten Stil, mit einfacherem Dekor und weniger Schiftungen um.
Der Harnisch entstand in den Jahren 2011-2015 und wurde vom deutschen Plattner Rene Kohlstruck aus C45 gefertigt. Bis auf die Schaller und den Rücken ist alles gehärtet. Die dazugehörige italienische Exportschaller habe ich für diese Aufnahme gegen ein typisches deutsches Modell mit halbem Visier und langgezogenem Nacken (datiert auf 1480) aus meinem Bestand ersetzt. Das lange Schwert ist ein scharfes Oakeshott Typ XVIIIb, dass von der Qualität und Zeitstellung her, ebenfalls sehr gut zu diesem Harnisch passt.
Dieses Foto zeigt hier einen schon ziemlich beeindruckenden Zwischenstand. Das Projekt ansich ist aber noch nicht abgeschlossen, da laufend weitere Dinge an ihm ergänzt werden.
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(Bildquelle: ich)
Ein Foto mit in den Nacken geschobenen Helm (einer Schaller). Man erkennt gut den zweiteiligen Aufbau dieses Helmkonzeptes, dass zusammen mit einem sogenannten "Bart" verwendet wurde. Die Schaller schützte die obere Kopfhälfte, der Bart die untere Kopfhälfte und den Halsbereich.
Diese Art von Rüstung war im 15. Jhd. für den gehobenen Stand oft auf Maß gefertigt und saß wie eine zweite Haut am Körper. So eng anliegend und maßangefertigt funktionierten die einzelnen Teile miteinander am besten. Zudem spart es Gewicht und macht eine schlanke "gotische" Figur.
Funfact: Mit dem darunter getragenen Rüstwams habe ich mir hier ca. 6cm (+-) "Speck" an der Taille weggeschnürt. Das dies so gemacht wurde, ist tatsächlich belegbar! Klinkt seltsam (so fühlt es sich im ersten Moment auch an) aber funktioniert wunderbar. So sitzt das Brust- und Rückenstück am besten und man kann - wenn man sich kurz daran gewöhnt hat - Turnübungen im Harnisch machen. Die Beweglichkeit darin ist wirklich überraschend!
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Bildquelle: ich)
Hier ist der Harnisch - bereits mit einer Stechtartsche und einigen Schlagwaffen (liegen auf dem Boden) ergänzt - in der Rüstkammer zusehen. Er ist, wie der zweite Harnisch (ein Übergangsharnisch um 1500, im Original in Nürnberg gefertigt) auf dem Bild, auf einem Mannequin montiert. So lassen sich diese Kunstwerke meiner Meinung nach am ansehnlichsten ausstellen.
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(Bildquelle: ich)