Wer ankündigt, muss auch liefern - nachdem jetzt freundlicherweise eine Rubrik über Musikinstrumente eingerichtet wurde (vielen Dank!),
möchte ich an dieser Stelle einmal meine Renaissancegitarre vorstellen.
Da ich mir so ein Instrument von einem Instrumentenbauer nicht leisten konnte, musste ich wohl oder übel selbst ran.
Als Vorbild habe ich zwei verschiedene Modelle, die in zeitgenössischen Musikdrucken abgebildet sind, zu einem Modell zusammengebaut.
Zum einen die schöne Darstellung aus den Morlaye-Drucken und zum anderen das Modell von Phalèse.
Erstere hat einen sehr langen Hals, ich wollte das etwas kürzer, so dass der "l"-Bund auf der Grenze zur Schalldecke liegt, also ungefähr
wie beim zweiten Modell. Die Form ist eher wie bei Morlaye, auch habe ich die Rosette übernommen ohne den Schnickschnack.
Morlaye Gitarre.jpgPhalese Gitarre.jpg
Ich habe ausschließlich Baumarkt-Holz verwendet, sowie Pflaumenholz und Grenadill was ich noch rumliegen hatte.
Die Rosette ist aus Papier.
Zum Leimen habe ich Dr. Oetker Blattgelatine aus dem Penny verwendet. Das klebt genauso wie Knochenleim, ist aber schnell verfügbar
und löst sich schnell auf.
Es wurden nur Handwerkzeuge verwendet. Die Zargen habe ich allerdings mit einer Konservendose mit eingebauter 60W-Birne gebogen.
In der Wohnung deutlich sicherer als offenes Feuer.
Hier eine Collage mit Bildern vom Bau.
Mit dem ersten selbstgebauten Instrument bin ich sehr zufrieden, es macht Lust auf weitere Projekte.
Der rohe Look ist durchaus gar nicht unhistorisch - solche Gitarren waren der heiße Scheiß in den 1550er Jahren in Frankreich,
und sicherlich waren viele solcher einfach gebastelter Instrumente im Umlauf - was wohl auch der Grund sein dürfte,
warum wir aus der Zeit keine überlebenden Exemplare gefunden haben...
Mit dieser vierchörigen Gitarre lässt sich die gesamte Literatur des 16. Jh. spielen.
Dieser Instrumententyp ist u. a. auch der Vorläufer der Ukulele.
Man kann das Instrument sehr gut als Rhythmusgitarre verwenden
(hier improvisiere ich auf ein Modell aus dem späten 16. Jh.)
aber auch feine komplexere Stücklein spielen, wie diese Psalmvertonung von Grégoire Brayssing:
Also, wenn Ihr Lust auf ein schönes Instrument und keine Angst vor Holzwerken habt -
traut Euch. Bildmaterial auf alten Gemälden findet man immer, und mit ein wenig Recherche
wisst Ihr, was Ihr ungefähr zu tun habt.