Beiträge von Heidensohn

    Heidensohn hat einen neuen Termin erstellt:

    Heidensohn
    7. September 2023 um 19:58

    Zitat

    Bei der Küchenmeisterey kochen mehrere Kochteams mit unterschiedlichen zeitlichen Schwerpunkten an historischen Kochstellen nach historischen Rezepten. Die Kochteams können Gerichte ausprobieren, die sie sonst aus Zeitgründen, Vorrang von Verpflegungsauftrag, Unverträglichkeiten von Essern oder schlicht fehlendem Mut nicht kochen. Sie sollen sich ausprobieren und Besuchern nebenbei mittelalterliche Küche und Kochtechnik näher bringen.

    Es ist eine vergleichsweise kleine und verteilte Veranstaltung, die aber viel Raum gibt, mit den Teams zu reden, den Park zu erkunden und einfach eine schöne Zeit zu haben. Sie wurde vom Blog von guter Speise initiiert und wird von Leah-Morgana Stadler organisiert.

    Wie sinnvoll, umsetzbar, abgestuft, ortsgebunden, etc. Ordensdarstellung umsetzbar ist oder sein sollte, wäre eigentlich ein Thema für einen ganzen Diskussionsthread. Deswegen verkneife ich mir da mal ganz viele Anmerkungen.

    Aber eine ganz praktische Anmerkung, die perfekt zum Text passt, hätte ich. Vielleicht willst du sie ja noch aufnehmen Thoralf Hiltjuson

    Gürtelstricke und Sandalen sind auch ein "Nö, lass mal".

    Mönche haben Stricke mit so Knoten dran als Gürtel und Sandalen an den Füßen, weiß man doch von den Bier-Etiketten, oder? Nein.

    Stricke/Seile als Gürtel sind (knoten-unabhängig) das Kennzeichen der Gemeinschaften in Nachfolge des heiligen Franziskus, die sich Ende des 13. Jahrhunderts verbreiteten. Keine andere mittelalterliche Ordensgemeinschaft und auch nicht die Kleriker außerhalb der Orden hatten in ihrer regulären Kleidung Gürtelstricke.

    Unsichtbar unter der Kleidung getragene Bußgürtel? Ja.

    Offen sichtbare Gürtelstricke als Ordenskleidung? Keine Quellen vor oder abseits franziskanischer Gruppen. Vielleicht als Zeichen besonderer Askese bei Eremiten und Inklusen, aber sicher nicht bei auf Ordnung und Disziplin bedachten Groß-Orden.

    Ähnliches bei Sandalen: Außer franziskanischen Gruppen praktiziert das im Mittelalter kein Orden. Wobei "Schuhlosigkeit" in den Reformbewegungen der frühen Neuzeit dann tatsächlich auch in vielen anderen Orden aufkommt. Aber im Mittelalter sind Sandalen ein Zeichen besonderer (fast häresie-verdächtiger) Askese, die nur von Einzelpersonen wie Eremiten und nicht von anderen Orden als den Franziskus-Orden getragen.

    Ich mache ja gerne die Grundsatzfragen auf :)

    Ist eine passende Begrüßung wichtig genug für die Art Darstellung, die man macht, dass dafür weitgehende Analogieschlüsse legitim sind? Und ist eine solche Begrüßung nicht ein Teil von Rollenspiel, für das man in den meisten Situationen sowieso keine nutzbare gemeinsame Basis hat?

    Oder weniger hoch gestochen, dafür polemischer:

    Ist ja nicht so, als ob Ordensdarsteller auf den meisten Veranstaltungen ein auch nur ansatzweise realistisches Bild abgeben. Oder wir viel über den Alltag von Ritterbrüdern wüssten. Oder es wirklich eine mit Kenntnis der mittelalterlichen Ordenswelt glaubwürdige Situation gemischtgeschlechtlicher Lager gäbe. Sich da an einem Gruß aufzuhängen erscheint mir eher ein Abgrenzungsspiel, als ein Darstellungselement. Wenn ich so grüße, spiele ich ja. Ohne entsprechenden Rahmen und Absprache anzunehmen, dass mein Gegenüber im selben Spielmodus ist, ist halt nur auf den ersten Blick cool und witzig.

    Ich glaube, es ist keine Übertreibung, wenn wir festhalten: Franziskus mochte keine Frauen. Und vor allem keine Frauen als Teil seiner lose herumwandernden Gemeinschaft.

    Klara wollte ursprünglich wohl genau das: Franziskus Leben in wandernder Armut teilen. Franziskus Lösung war "traditionell" eine streng in Klausur lebender Frauenkonvent, der nur halt zusätzlich noch kaum Versorgungsbesitz hatte (also arm war). Aus diesem Konvent wurden die Klarissen.

    "Klarissen" sind der franziskanische Frauenorden. Was man heute als "Franziskanerinnen" kennt, ist aus dem dritten Orden hervorgegangen. Und Franziskus' Urteil zu ihnen wäre wenig schmeichelhaft.

    Dazu kommt:

    Das Ordensprinzip griff bei Frauengemeinschaften im Mittelalter eigentlich nie so richtig. Denn sie konnten aus sich heraus kaum Tochterklöster gründen und selbst ihre mächtigen und charismatischen Vertreterinnen waren schlicht nicht so mobil und öffentlichkeitswirksam, wie ein Bernhard, Norbert, Dominik, oder Franziskus.

    Das ganze Mittelalter hindurch gab es Frauenklöster und -konvente, die nominell dem Bischof unterstellt waren, aber weitgehend selbstverwaltet waren und grob einer benediktinischen oder augustinischen Regel folgten. Im Verlauf des Hochmittelalters nehmen viele davon die Regeln der "neuen" Orden an und wollen dann auch von deren Rechtsstatus profitieren. Oft gegen den Willen der jeweiligen Männerorden, die die entsprechende Verantwortung scheuten. Frauenkonvente deklarierten sich teilweise als "Zisterzienserinnen" und zwangen die Zisterzienser, ihnen Rechtsschutz und Seelsorge zu gewähren.

    Entsprechende Annäherungsversuche an die Franziskaner wurden abgeschmettert, aber die entsprechenden Gemeinschaften wandten sich dann oft per Brief an Klara. Und die brachte schließlich auch ihre eigen Regel beim Papst durch. So wurde aus einem Konventverbund ein tatsächlicher Frauenorden.

    Aber: Klara stellte sich nie gegen Franziskus Wunsch und so blieben die Klarissen ein streng klausurierter Orden, deren Schwestern sogar noch weniger (Bewegungs-) Freiheiten hatten, als andere Frauengemeinschaften der Zeit.

    Klarisse ist eine der denkbar schlechtesten Darstellungen. Franziskanerinnen gibt es im Mittelalter nicht. Es gibt maximal semi-häretisches weibliches Gefolge eines franziskanischen Predigers. Und auch die würden von dem früher oder später in einen Konvent gesteckt.

    Was Misogynie und Antisemitismus angeht, macht den hochmittelalterlichen Bettelorden echt niemand was vor.

    Ein Grund, warum man mich so selten auf Veranstaltungen trifft, ist, dass bei mir und meiner Frau um freie Wochenenden gleich mehrere gemeinsame Hobbys konkurrieren.

    • Living History verschiedener Zeiten
    • Liverollenspiel verschiedener Genres
    • Kleingarten mit historischer Kochstelle
    • Freunde und verstreute Familie (NRW, Mecklenburg, Franken)
    • Wandern / Pilgern

    Und mit Musik ("Mittelalter", Folkrock, Marschmusik auf nationalem Wettbewerbsniveau) habe ich aus Zeitgründen schon vor Jahren aufgehört.

    Hallo zusammen.

    Ich bin Sebastian und mache Living History in Spätmittelalter und früher Neuzeit. Außerdem mache ich Larp, habe meine Jugend auf Mittelaltermärkten verbracht (und dort auch Musik gemacht), Mittelaltersachen an der Uni studiert, mal eine paar Semester an der Uni gelehrt und kenne mich ganz gut mit Klerus, Orden und Ordenskleidung im Mittelalter aus. Im anderen Forum war ich zwar jetzt schon länger nicht mehr so aktiv, aber mitlesen tu ich in Foren dann doch gerne.